Schon mal gesehen, dass eine Person ihr eigenes Toilettenpapier an die Hochschule mitbringt? Wir auch nicht!
Ganz anders sieht es da aber bei Periodenprodukten aus – und das, obwohl die Menstruation eins gemein hat mit dem Gang zur Toilette: es ist absolut natürlich.
Periodenprodukte kosten im Laufe eines Bachelor- und Masterstudiums (gerechnet auf fünf Jahre) menstruierende Personen in etwa 5 € pro Monat - das sind insgesamt 300 €. Genauso viel wie ein neues Bett, 115 Mensaessen oder 167 im Studium dringend benötigte Tassen Latte Macchiato in der Cafeteria. Dabei sind meist notwendige Zusatzprodukte wie Schmerztabletten oder weitere Schmerzlinderungsmöglichkeiten noch gar nicht einberechnet. Kostenlose Menstruationsprodukte sind somit auch eine Frage der Chancengerechtigkeit. Umso besser, dass sich die Hochschule Harz mit nachhaltigen und biozertifizierten Periodenprodukten auf den Toiletten ab sofort für eine entspannte und würdevolle Periode ihrer Studierenden einsetzt.
Zugang zu Periodenprodukten ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit! Wir, die Hochschule Harz, wollen das Thema Periode enttabuisieren, dafür da sein, unliebsamen Überraschungen vorzubeugen und euch den Zugang zu Menstruationsprodukten erleichtern: deshalb stellen das Gleichstellungsbüro zusammen mit dem Umweltmanagement seit dem Wintersemester 2022/23 kostenlose Menstruationsprodukte auf den Damen- und Genderneutralen-Toiletten der Hochschule Harz zur Verfügung. Damit wollen wir auch dazu beitragen, die weltweite sogenannte Periodenarmut zu bekämpfen. Einer Erhebung der Hilfsorganisation Plan International im vergangenen Jahr zufolge, empfinden 23 Prozent der befragten Mädchen und Frauen in Deutschland die monatlichen Ausgaben für die Periode als finanzielle Belastung. Dies hat Folgen: das Thema Periode wird für Betroffene zu einer zusätzlichen Belastung, kann zu Scham sowie Alltagsflucht und im schlimmsten Fall zu Infektionen, bedingt durch zu seltenes wechseln von Hygieneprodukten, führen.
Lichtblicke finden sich in Schottland und Neuseeland, wo in öffentlichen Gebäuden wie Schulen und Universitäten Menstruationsprodukte kostenlos zur Verfügung stehen: und so jetzt auch bei uns an der Hochschule Harz! Auch in Deutschland kann ein erster Erfolg gegen Periodenarmut verzeichnet werden: die „Luxussteuer“ auf Periodenprodukte wurde abgeschafft, was meint, dass Binden oder Tampons nicht mehr mit 19% Mehrwertsteuer, sondern mit lediglich 7% Mehrwertsteuer wie alle anderen Produkte des täglichen Gebrauchs, besteuert werden (vgl. https://erdbeerwoche.com/meine-umwelt/tamponsteuer/periodenarmut/).
Gut für uns, gut für die Umwelt!
Im Laufe eines Periodenlebens verbraucht eine Person rund 12.000 Tampons. Daher sollten wir genauer darauf achten, aus was die Tampons, die wir benutzen, bestehen. Die in vielen nicht ökologischen Hygieneartikeln befindlichen Kunststoffe werden entweder verbrannt oder deponiert, aber nicht abgebaut. Wird Plastik nicht verbrannt, kann es über Hunderte von Jahren die Umwelt belasten. Daher achten wir darauf, an der Hochschule Harz BIO-Periodenprodukte zur Verfügung zu stellen. Die Tampons bestehen zu 100 % aus zertifizierter Bio-Baumwolle und sind frei von Duftstoffen, Chemie und Chlor. Saugkern und Oberfläche kommen ganz ohne Plastik aus. Es gibt aber auch noch umweltfreundlichere Alternativen wie die Menstruationstasse, Periodenunterwäsche oder Stoffbinden, die man ausleert bzw. wäscht und wiederverwendet, um Müll zu vermeiden.
Was du noch tun kannst?
Achtsam einkaufen! Einige Firmen setzen sich für das Thema Periodenarmut ein – mit deinem Kauf unterstützt du sie.
Oder spende Produkte! In Deutschland sind insbesondere Personen ohne festen Wohnsitz von Periodenarmut betroffen. In einigen Städten gibt es bereits Kooperationen zwischen Drogerieläden und Vereinen, die sich gegen Periodenarmut einsetzen. In diesen Läden können Periodenprodukte gekauft und beim Verlassen des Ladens in einer Spendenbox abgelegt werden. Außerdem können Hygienespenden bei lokalen Hilfsorganisationen abgegeben werden.
Spread the word! Periode enttabuisieren? Das geht nur mit der Hilfe aller! Ganz egal ob im Kleinen mit den besten Freund*innen oder im großen Kreis: jedes offene Gespräch über die Periode, Periodenarmut und die Folgen dessen tragen zum Großen bei. Dass du diesen Beitrag hier liest, ist der erste Schritt.
An dieser Stelle gilt unser Dank der Initiative GRAS – denn durch euch wurde dieser so essenzielle und wichtige Stein an der Hochschule Harz ins Rollen gebracht. Und das mit Erfolg!
Exkurs: Periodenarmut weltweit
In einigen Teilen der Welt führt Periodenarmut sogar dazu, dass Schülerinnen* ein bis drei Tage im Monat dem Unterricht fernbleiben, nur etwa 57% der Mädchen schließen hier die Schule ab. Der Grund dafür? Die Menstruation. Periodenprodukte in Uganda sind beispielsweise extrem teuer, eine Packung Binden kostet im Schnitt 2 US-Dollar, was mehr ist, als ein Drittel der Menschen dort am Tag verdient. Jugendliche greifen häufig auf unhygienische Alternativen zurück, welche ein großes Infektionsrisiko bergen. Oft gibt es in Schulen nicht einmal sanitäre Einrichtungen zum hygienischen Wechsel der Periodenprodukte.
In vielen Ländern sind der Zugang zu Periodenprodukten und einem hygienischen Umfeld nicht die einzige Hürde. Auch die Stigmatisierung und Tabuisierung der Menstruation ist nach wie vor weit verbreitet und Jugendliche schämen sich für ihre Periode. In Indien ist die Menstruation beispielsweise nach wie vor extrem negativ behaftet, Jugendliche werden zum Teil nicht über die Menstruation aufgeklärt oder Familien schämen sich zu sehr, Menstruationsprodukte zu kaufen. Schätzungsweise 70% der Erkrankungen des Unterleibs gehen in Indien auf die schlechte Menstruationshygiene zurück und die Zahl an Gebärmutterhalserkrankungen ist fast doppelt so hoch wie im weltweiten Durschnitt (vgl. https://www.plan.de/news/detail/period-poverty-ein-globales-problem.html).
https://www.plan.de/menstruation-im-fokus.html