Harzer Forschungsteam arbeitet an Realisierung digitaler Identitäten

Projektteam forscht an EU-weiter Einführung von digitalen Lernnachweisen und kooperiert mit Software-Unternehmen Lissi

Mit unzähligen Karten gefüllte Geldbörsen könnten bald zur Vergangenheit gehören. Statt Führerschein, Personalausweis und Co. im Portemonnaie mit sich herumtragen zu müssen, soll jeder EU-Bürger künftig eine digitale Brieftasche (englisch: European Union Digital Identity Wallet, kurz EUDI-Wallet) mit wichtigen persönlichen Dokumenten auf dem Smartphone abrufen können. Während die gesetzlichen Rahmenbedingungen mit der eIDAS 2.0-Verordnung bereits stehen, werden die technischen Voraussetzung in zahlreichen europäischen Projekten erforscht und erprobt. Die Hochschule Harz arbeitet im Rahmen des vom Land Sachsen-Anhalt und der EU geförderten Projekts CyberSecurity-Verbund LSA II an einem Teil der Problemlösung. Jüngst hat sich das Team um Projektleiter Prof. Dr.-Ing. Patrick Rempel mit der Lissi GmbH einen starken Partner im Softwarebereich an Bord geholt.

„Die große Herausforderung und Chance bei den digitalen Identitäten, die die Wallets abbilden, ist die Vielzahl an europäischen Akteuren, die Daten einspeisen und auslesen können müssen, mit ihren jeweils unterschiedlichen technischen Voraussetzungen. Der digitale Führerschein, den eine deutsche Gemeinde ausstellt, muss beispielsweise von der Polizei in Spanien geprüft werden können und umgekehrt“, erklärt Patrick Rempel. Neben Behörden gehören auch Banken, Krankenkassen und Bildungseinrichtungen zu den potenziellen Datenlieferanten und -nutzern. „Der Fokus in unserem Projekt liegt speziell darauf, Lernnachweise und Zeugnisse von Hochschulen sowie deutschen Bildungsakademien europaweit digital und fälschungssicher auszustellen und zum Beispiel in digitalen Bewerbungsprozessen abrufbar zu machen.“


Um die technischen Lösungsansätze erforschen zu können, stellt die Lissi GmbH dem Hochschulteam die Beta-Version ihres EUDI-Wallet Connectors zur Verfügung, der als wichtige Schnittstelle und eine Art Übersetzungstool zwischen ein- und ausgelesenen Daten zu verstehen ist. In der Fachwelt hat sich Lissi bereits einen Namen gemacht, denn das Entwicklerteam gehört zu den Finalisten in einem Innovationswettbewerb der Bundesagentur für Sprunginnovationen, in dem die bestmögliche Version eines EUDI-Wallets für Deutschland entwickelt und erprobt werden soll. Dabei hat sich das Unternehmen bereits gegen globale Player wie Google und Samsung durchgesetzt.

„Aus personellen und finanziellen Gründen können wir keinen eigenen Connector entwickeln, der mit allen EUDI-Wallets der EU-Mitgliedstaaten kompatibel ist. Ohne die Unterstützung des Unternehmens könnten wir unsere Lösungsansätze zur Ausstellung elektronischer Lernnachweise nicht realitätsnah erproben und für eine Implementierung optimieren“, betont Patrick Rempel. Und das sei wiederum sehr wichtig für die mögliche Einbindung ins deutsche Wallet. „Wie der von uns entwickelte Prozess zur Ausstellung elektronischer Lernnachweise und Zeugnisse funktioniert, hatten wir Ende letzten Jahres in Vorträgen und Live-Demonstrationen verschiedenen Ministerien vorgeführt und sind auf großes Interesse gestoßen“, freut sich der Informatiker. Das Land Sachsen-Anhalt ist bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) federführend für das Themenfeld Bildung zuständig und treibt unter anderem den Prozess für die digitale Zeugnisausfertigung voran.

Neben der anvisierten praktischen Anwendung der Forschungsarbeit im deutschen EUDI-Wallet sieht der Projektleiter einen weiteren Mehrwert direkt an der Hochschule Harz. „Als Koordinator des Studiengangs Verwaltungsdigitalisierung und -informatik ist mir die Verbindung in die Lehre sehr wichtig. Mein Ziel ist es, sowohl die theoretischen Grundlagen zu digitalen Identitätsnachweisen zu vermitteln als auch die Studierenden praktisch in Laborübungen und semesterübergreifenden Projekten an dem Themenbereich arbeiten zu lassen.“ Der Studiengang wird sowohl als Bachelorvariante als auch dual angeboten.

Über Prof. Dr. Patrick Rempel

Prof. Dr. Patrick Rempel ist Diplom-Wirtschaftsinformatiker. Seinen Abschluss hat der heute 45-Jährige 2004 an der TU Ilmenau gemacht, wo er später im Bereich Software Engineering promovierte. Als Professor für Daten- und Informationssicherheit unterrichtet Patrick Rempel seit dem Wintersemester 2023/24 im Fachbereich Automatisierung und Informatik an der Hochschule Harz mit den Schwerpunkten Cyber Security und Software Engineering. Er ist zudem Koordinator des Bachelor-Studiengangs Verwaltungsdigitalisierung und ‐informatik (Vollzeit/dual). Darüber hinaus lehrt er am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften und vermittelt hier u.a. Grundlagen des Datenschutzes. Seit dem 1. September 2024 leitet er das vom Land Sachsen-Anhalt und der Europäischen Union geförderte Forschungsprojekt CyberSecurity-Verbund LSA II im Verbund mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Zudem betreut er seit dem 1. November 2024 ein ebenfalls von Land und EU gefördertes Forschungsprojekt in Kooperation mit dem Robert-Koch-Institut in Wernigerode.

 



Das Projekt CyberSecurity-Verbund LSA II - Identity, Access and Trust Management/Infrastructure wird gefördert von:

06.02.2025
Author: Karoline Klimek
Image author: © Ricarda Erbe
Image rights: © Hochschule Harz

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Prof. Dr.-Ing. Patrick Rempel

Projektleiter CyberSecurity-Verbund LSA II

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