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Bildungsexperte erläuterte Wurzeln und weltweites Wirken von Hermann Lietz‘ Ideen

Das Landerziehungsheim Ilsenburg im Fokus der GenerationenHochschule

Am Dienstag, dem 5. November 2013, lud die GenerationenHochschule einmal mehr Interessierte aller Altersklassen auf den Wernigeröder Campus ein. Trotz des ungemütlichen Herbstwetters fanden knapp 150 Zuhörer den Weg ins AudiMax der Hochschule Harz. Prof. Dr. Werner Naumann referierte zum Thema „Das Landerziehungsheim von Hermann Lietz in Ilsenburg – Historische Wurzeln und weltweite Wirkungen seiner Konzeption“.

Der studierte Pädagoge Werner Naumann begeisterte nicht nur mit Wissenschaftlichkeit, sondern auch durch den regionalen Bezug des Themas - schnell wurde klar, dass die Pulvermühle in Ilsenburg der Ausgangspunkt für ein pädagogisches Konzept war, das damals als innovativ, heute jedoch weitgehend als selbstverständlich wahrgenommen wird. „Hermann Lietz, geboren als achtes Kind einer Bauernfamilie, gründete nach zahlreichen Erfahrungen pädagogischer Missstände, intensiven Studien und persönlichen pädagogischen Erprobungen am 28. April 1898 das erste deutsche Landerziehungsheim“, erklärte Naumann, ehemaliger Leiter der Sozialakademie Mecklenburg-Vorpommern. Die Jugendlichen sollten „raus aus den großen Städten“, wo Lietz Gefahren der Verwahrlosung sah. Auch veralteten Lehrinhalten und -methoden sollte in naturnahen Schulen entgegengewirkt werden. Ergänzend zum „reformierten“ traditionellen Unterricht, wurde den Jugendlichen die Möglichkeit geboten, sich praktisch in verschiedenen Handwerken zu betätigen; wer bspw. ein Bücherregal in seinem Zimmer wollte, musste sich dieses in der hauseigenen Werkstatt bauen. Die Natur konnten die Schüler bei landwirtschaftlich-gärtnerischen Arbeiten, im Sport und bei Wanderungen erleben. Reisen mit möglichst geringem Geldaufwand standen hoch im Kurs. So fuhr man 1900 mit dem Fahrrad über Trier nach Paris zur Weltausstellung. Jugendlichen aus wohlhabenden Familien wurde noch mehr geboten, z.B. eine Reise nach Chicago oder an den Nil. Gleichzeitig bemühte sich Lietz um die kostenfreie Förderung von Kindern aus armen Familien durch erhöhte Gebühren von reichen Eltern. Eine kritische Sicht auf die zeitgemäße politische Orientierung von Lietz als Freiwilliger im I. Weltkrieg rundete die Darstellung des Pädagogen ab.

Im zweiten Teil der Vorlesung widmete sich Werner Naumann den noch heute erkennbaren nationalen und internationalen Auswirkungen der pädagogischen Konzeption von Hermann Lietz, deren Elemente nicht nur an Schulen, sondern auch in sozialpädagogischen Einrichtungen anzutreffen sind. Noch heute existieren 15 Lietz-Schulen in Deutschland, drei davon werden durch die Stiftung Deutscher Landerziehungsheime in Hessen und Thüringen betrieben. In dem Gebäude des von Lietz gegründeten ehemaligen Waisenheims „Grovesmühle“ bei Veckenstedt befindet sich jetzt wieder eine Hermann-Lietz-Schule mit Internat.

Die nächste Vorlesung der GenerationenHochschule findet am Dienstag, dem 3. Dezember 2013, statt. Dr. Olrik Rau, Facharzt für Urologie, spricht dann zum Thema: „Blasenkrebs - Von der Diagnostik bis zur Therapie“; gleichzeitig wird das Jahresprogramm 2014 erstmals präsentiert. Die Teilnahme an der Vortragsreihe ist kostenfrei; die Anmeldung erfolgt unter www.generationenhochschule.de.