Forschungsnews

Third Mission, psychologische Distanzen, Nachhaltigkeit und Produkterwartungen

Never Stop (Re)Searching am 18. Juli 2019
Prof. Dr. Jens Cordes
Vorstellung des TransInno_LSA-Teilprojekts MPASS (Matching Platform for Student Skills) durch Prof. Dr. Jens Cordes und Anja Tetzel im Rahmen der Forschungsshow 2018 an der Hochschule Harz.
Forschende und Promovierende der Hochschule Harz präsentierten ihre Projekte

Am 18. Juli 2019 fand an der Hochschule Harz unter dem Motto „Never Stop (Re)Searching“ die neunte hochschulöffentliche Präsentation von Ergebnissen aus den Forschungssemestern statt. Erstmals bekamen dabei neben Professorinnen und Professoren auch Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler, die Graduiertenstipendien aus Mitteln des Landes Sachsen-Anhalt erhalten, eine Bühne für ihre laufenden Promotionen.

Nach einer kurzen Eröffnung durch Prof. Dr. Georg Westermann, den Prorektor für Forschung und Transfer der Hochschule Harz, präsentierte zunächst Prof. Dr. Jens Cordes erste Ergebnisse aus dem Teilprojekt MPASS im Rahmen des BMBF-Verbundvorhabens TransInno_LSA. Bei MPASS (Matching Platform for Student Skills) beschäftigt man sich mit der spannenden Frage, wie Projekt- und Unterstützungsanfragen, die Hochschulen von Außen – etwa von Unternehmen, Kommunen oder Vereinen – erreichen, möglichst effektiv an passende Kompetenz- und Know-how-Trägerinnen und -Träger weitervermittelt werden können. Mit Hilfe einer digitalen Matching-Plattform möchte das Projektteam eine niederschwellige Möglichkeit für Anfragende außerhalb von Hochschulen schaffen, zielgerichtet diejenigen Akteure aus Lehre und Forschung an einer Hochschule zu identifizieren und zu kontaktieren, die ihnen bei der Bewältigung ihrer spezifischen Problemstellung am besten helfen können. Das Projektteam hofft, Hochschulen über eine solche Plattform offener und zugänglicher aufzustellen und die Hemm- und Aufwandsschwellen für einen erfolgreichen Erstkontakt zu senken.

Im Anschluss an den Vortrag von Prof. Cordes stand ein spannendes Thema aus der Sozialpsychologie auf der Agenda: Susanne Adler – Master-Absolventin und Promotionsstipendiatin der Hochschule Harz – befasst sich im Rahmen ihres Dissertationsprojekts mit der sogenannten Construal Level Theory (CLT). Diese besagt unter anderem, dass der Grad der psychologischen Distanz – der wahrgenommenen räumlichen, zeitlichen oder auch sozialen Entfernung eines Objekts vom Betrachter – in Wechselwirkung zum Grad der mentalen Abstraktion steht – über entferntere Objekte also abstrakter nachgedacht wird. Wie das Forschungsfeld der CLT strukturiert ist – wer also etwa die wesentlichen Akteure sind, in welchen Beziehungen diese zueinander stehen und wo sie publizieren – ist Gegenstand der Untersuchungen von Frau Adler. Dabei bedient sie sich der Methoden der Bibliometrie und des Science Mappings – untersucht also die Relevanz von Autorinnen und Autoren, Journals, Publikationen und Themen und versucht, die Struktur und Entwicklung des Forschungsfelds visuell zu erfassen. Die ersten Ergebnisse dieser Untersuchungen stießen auf großes Interesse und zahlreiche Rückfragen aus der Zuhörerschaft.

Der Aspekt der Nachhaltigkeit von Dienstleistungen und technischen Entwicklungen ist für eine Vielzahl von Projekten aus dem Bereich der angewandten Forschung an der Hochschule Harz von großer Bedeutung. Wie andere Kompetenzen, kann auch die Integration von Aspekten ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Nachhaltigkeit in Konzeptions- und Planungsprozesse systematisch trainiert und weiterverbessert werden. Mit dem Erwerb dieser Nachhaltigkeitskompetenz befasst sich Prof. Dr. Ulrike Starker, die hierfür unter anderem anhand von Planspielen erforscht, wie Menschen erfolgreich an Strategien für komplexes und langfristiges Problemlösen herangeführt werden können. Einige aktuelle Vorhaben – unter anderem ein Outdoor-Training für Nachhaltigkeitskompetenzen am Ilsestein im Oberharz – waren Gegenstand ihres Fachvortrags.

Mit Lukas Röseler lieferte abschließend ein weiterer Master-Absolvent und Promotionsstipendiat der Hochschule Harz einige kurze Einblicke in sein Dissertationsprojekt. In diesem befasst er sich unter anderem mit der Frage, in welchem Umfang sich eine positive Erwartungshaltung an ein Produkt auf das spätere Produkterlebnis auswirkt – und ob sich dieser Effekt anhand der Produktbewertungen von Frühkäufern auf Handelsplattformen wie etwa Amazon nachweisen lässt. Dabei geht Röseler davon aus, dass Frühkäufer besonders positive Erwartungen an ein Produkt haben – und dass diejenigen, die ein Produkt besonders kurz nach der Markteinführung bewerten, es auch besonders früh erstanden haben. Sollte also die positive Erwartungshaltung von Frühkäufern sich auch positiv auf das Produkterlebnis auswirken, sollte sich das in mit der Zeit sinkenden Durchschnittsbewertungen niederschlagen – denn je früher das Produkt gekauft wurde, umso besser wurde es dann ja im Mittel auch bewertet. Um dieser Frage nachzugehen, analysiert Röseler in großem Umfang Bewertungsdaten von Online-Plattformen, wobei er sowohl seine Daten als auch seinen Code im Sinne der Open Science-Bewegung öffentlich zur Verfügung stellt, und damit zur Transparenz und Reproduzierbarkeit wirtschaftspsychologischer Forschung beiträgt. Erste im Rahmen dieser Untersuchung gewonnene Erkenntnisse deuten darauf hin, dass die vorhergesagten Muster bei der Bewertung von Produkten sich tatsächlich in realen Datensätzen auffinden lassen – viel weitere Forschungsarbeit wird aber noch erforderlich sein, bis sich der vermutete Effekt belegen und quantifizieren lässt.

Im Anschluss an die vier Präsentation kamen Vortragende und Zuhörer noch auf dem spätsommerlichen Hochschulcampus zu einem Grillbuffet mit gemeinsamem Gedankenaustausch zusammen. Das erfolgreiche Veranstaltungsformat, mit dem nicht nur der fachbereichsübergreifende und interdisziplinäre Austausch gefördert, sondern Forschung an der Hochschule Harz für alle Interessentinnen und Interessenten innerhalb der Hochschulfamilie greif- und erlebbar gemacht wird, wird in einigen Monaten mit der dann bereits zehnten Veranstaltung fortgesetzt. Wer zu zukünftigen Terminen eingeladen werden möchte, kann sich hierfür per E-Mail an die Forschungsreferentin der Hochschule Harz, Frau Kathleen Vogel, wenden.