Am Dienstag, dem 9. Juni 2015, fanden sich knapp 200 Interessierte zu einer aus aktuellem Anlass anberaumten Sonderveranstaltung der GenerationenHochschule auf dem Wernigeröder Campus ein. Prof. Dr. Niels Angermüller, Hochschullehrer für Finanzmanagement/ Finanzdienstleistungen am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften, lockte – getreu dem Titel der beliebten Vorlesungsreihe – Vertreter aller Altersklassen in das AudiMax der Hochschule Harz. Der international anerkannte Experte berichtete bereits mehrfach über das globale Wirtschaftsgeschehen und sprach diesmal zum Thema „Internationale Finanzkrise – Euro-Schuldenkrise – Niedrigzinsen. Wo stehen wir 2015?“. Damit schaffte er, so Prorektor Prof. Dr. Georg Westermann bei der Begrüßung, „das nötige akademische Wissen zur gegenwärtigen Situation“. Angermüller betonte gleich zu Beginn, dass sein erneuter Vortrag bei der GenerationenHochschule ein Indiz dafür sei, dass „die Finanzkrise nicht ohne weiteres lösbar ist“.
Um die Zusammenhänge und Komplexität der Lage zu ergründen, gab der Professor detailliert Auskunft über die Vorläufer der Schieflage, darunter enorme Preisblasen an den Immobilienmärkten, die zu einer systemischen Vertrauens- und Liquiditätskrise führten. Er erläuterte, wie die Krise zu uns kam: „Einige Länder haben schon über Jahrzehnte keine solide Haushaltspolitik betrieben, wurden aber dennoch zum Euro zugelassen, die internationale Finanzkrise belastete deren Haushalte zusätzlich bis hin zu drohenden Staatsbankrotten“. Dies sei ein Dauerbrenner, „weil bisher nicht hinreichend die Ursachen bekämpft, sondern lediglich Symptome kuriert werden“, gab der gebürtige Harzer zu bedenken. Er räumte zudem mit einem Vorurteil auf: „Es liegt keine Währungskrise vor, Anzeichen dafür wären massive Wechselkursschwankungen und sehr hohe Inflationsraten“. Zentrales Problem seien vielmehr die Schuldenstände einiger Länder vor denen jedoch insesondere Professoren eindringlich gewarnt hatten. Der Euro sei eher ein politisches denn ein ökonomisches Projekt. Nun ginge es um das Bekenntnis zu einer Transferunion oder die Akzeptanz von Staatsbankrotten. Diese Frage müsse jedoch demokratisch beantwortet werden. Angermüller stellte klar: „Man muss abwägen: Sind die aktuellen Maßnahmen wirklich zielführend oder werden Lösungen nur herausgezögert?“. Es könne eine politische Antwort sein, dass Hilfen gewünscht sind, deren aktuelles Ausmaß sei jedoch nicht demokratisch legitimiert. „Es wurden bereits so hohe finanzielle Zugeständnisse gemacht, dass bei deren Realisation hohe Verluste auf Deutschland – und andere Länder – zukämen“, so der Referent. Nach einer ausführlichen Beleuchtung der Lage Griechenlands war das Fazit bedrückend: „Die Situation ist nach wie vor äußerst schwierig und ein ‚Grexit‘ wird zunehmend wahrscheinlicher“.
Niels Angermüller, der an der Universität Göttingen zum Thema „Internationale Finanzmärkte und Finanzmarktkrisen“ promoviert hat und für die Volkswagen Bank GmbH als Manager im Bereich „Risk and Development“ in der Dubliner Niederlassung tätig war, beleuchtete abschließend die Niedrigzinsen und deren Konsequenzen. Dabei wurde deutlich, dass die ultra-expansive Geldpolitik der EZB letztlich auf die Gesamtentwicklung in der Eurozone abzielt; für Deutschland seien die Leitzinsen in Anbetracht der stabilen Konjunktur jedoch eindeutig zu niedrig. „Unterm Strich bleibt, dass Niedrigzinsen als erhebliches Risiko einzuschätzen sind: für Banken, für Versicherer und auch für Privatpersonen, dort insbesondere im Bereich der Altersvorsorge“, so der Wirtschaftswissenschafter zusammenfassend.
Die GenerationenHochschule verabschiedet sich nach diesen brandaktuellen Betrachtungen in die Sommerpause, der nächste Vortrag findet am Dienstag, dem 1. September 2015, von 17 bis 19 Uhr im AudiMax („Papierfabrik“, Haus 9) auf dem Wernigeröder Campus statt. Steffen Wendlik widmet sich dem Thema „Graf Botho zu Stolberg-Wernigerode (1805-1881) – Ein Historiker von Stand“. Die Teilnahme an der GenerationenHochschule ist wie immer kostenfrei. Die Anmeldung erfolgt unter <link http: www.generationenhochschule.de external-link-new-window external link in new>www.generationenhochschule.de.