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Leben und Sterben des „Retters von Wernigerode“ zog knapp 280 Zuhörer in seinen Bann

GenerationenHochschule erinnerte an Oberst Gustav Petri

Am Dienstag, dem 4. Juni, lud die GenerationenHochschule anlässlich des 125. Geburtstages von Gustav Petri auf den Wernigeröder Hochschulcampus ein - knapp 280 Geschichtsinteressierte kamen, um dem Theologen und Pädagogen Peter Lehmann zu lauschen. Unter dem Titel „geachtet – geleugnet – geehrt“ referierte der ehemalige Pfarrer über den Lebensweg des Oberst‘ und zeigte auf, wie dieser im nationalsozialistischen Reich zu einer Gewissensentscheidung und Befehlsverweigerung gelangte, die ihn das Leben kostete, viele andere Menschen sowie die Stadt Wernigerode jedoch rettete.

Lehmann beleuchtete Petris junge Jahre in Gießen und erklärte, wie dieser nach einer kaufmännischen Ausbildung den Familienbetrieb - ein Tabakgeschäft - führte und den Militärdienst absolvierte. Die Teilnahme am ersten Weltkrieg brachte ihm militärische Ehren ein; sein „preußisches Denken“ veranlasste ihn dazu, die Niederlage als persönlichen Verlust zu betrachten. Als Verfechter der Monarchie war der Versailler Vertrag in seinen Augen inakzeptabel. Obwohl kein Freund der Nationalsozialisten, trat er - durch und durch Soldat - 1936 in den Dienst der Wehrmacht. Gegen Kriegsende, im April 1945, wurde er über Göttingen bis in den Harz zurückgedrängt. Er lernte die „Amerikanische Vorgehensweise“ kennen: Jede Stadt, die Widerstand leistete, wurde in Schutt und Asche gelegt und erst dann besetzt. Als der Befehl zur Verteidigung Wernigerodes kam, musste der Offizier mit dem Herzen entscheiden - und verweigerte. In der Nacht darauf wurde er von der Waffen-SS abgeholt - und nie wieder gesehen. Wo er standrechtlich hingerichtet und bestattet wurde, ist bis heute unbekannt.

Im zweiten Vortragsteil beleuchtete Peter Lehmann die geschichtlichen Auswirkungen der Befehlsverweigerung und zeigte damit auf, wie politische, ideologische und zeitgeschichtliche Verflechtungen den Blick auf den Wehrmachtsoffizier beeinflusst haben. Über viele Jahre hinweg wurde die mutige Tat Gustav Petris geleugnet. Eine Pension für die Witwe wurde bis 1958 verwehrt. „Zu Recht erschossen“, lautete eine Antwort auf den Wiedergutmachungsantrag. Eine Sichtweise, die sich bis heute gewandelt hat: Eine Plakette auf dem Marktplatz ehrt Petri als „Retter von Wernigerode“. In Kooperation mit umliegenden Gemeinden wurden mittlerweile zahlreiche Gedenkstätten zu seinen Ehren errichtet.

Bei seinen Ausführungen stützte sich Lehmann unter anderem auf das Petri-Archiv im Stadtarchiv von Wernigerode, das rund 280 Briefe, Dokumente und Notizen enthält. Auch internationale Unterlagen sowie die persönlichen Tagebücher Petris, die lange unentdeckt in der Wohnung seines Sohnes schlummerten, nutzte der gebürtige Thüringer und machte Gustav Petri so im Kontext seiner Zeit als Mensch erlebbar.

Die GenerationenHochschule geht nun in die Sommerpause. Die nächste Vorlesung findet am 3. September von 17 bis 19 Uhr statt. Dann spricht Dr. Hans-Thomas Kropp, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Agrarrecht in Magdeburg, zum Thema „Ging es bei der Umgestaltung der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften nach 1990 gerecht zu?“. Die Teilnahme an der GenerationenHochschule ist kostenfrei; es ist lediglich eine Registrierung zu jeder Vorlesung unter www.generationenhochschule.de nötig. Hier sind sowohl das Jahresprogramm als auch fotografische Impressionen verfügbar.