Prof. Dr. Jens-Christian Wagner zu Gast am Fachbereich Verwaltungswissenschaften

Prof. Dr. Jens-Christian Wagner ist Inhaber des Lehrstuhls für Geschichte in Medien und Öffentlichkeit an der Uni Jena. Zugleich leitet er als Direktor die Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora. Zusammen mit Studierenden des Fachbereichs Verwaltungswissenschaften diskutierte er die Themen Zivilkultur in den Kommunen, lokale Demokratie und kommunale Selbstverwaltung.

Von Vivien Nele Lessing und Prof. Dr. Oliver Junk für die Studierendengruppe der Vertiefung Kommunalrecht

Das fehlende Vertrauen in Demokratie und gewählte Repräsentanten hat die Kommunen erreicht. Eine Herausforderung auch für die kommunale Selbstverwaltung. Die Vitalisierung der lokalen Demokratien, die Aktivierung der Zivilgesellschaft, ist deshalb ein wesentliches Thema in der Vertiefungsrichtung Kommunalrecht im WS 2023/2024.

Unserer Einladung in die Vorlesung folgte am 21.11.2023 Prof. Dr. Jens- Christian Wagner, Stiftungsdirektor der Stiftung „Gedenkstätte Buchenwald und Mittelbau- Dora“ und Inhaber des Lehrstuhls für Geschichte in Medien und Öffentlichkeit an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Inhalte seines Vortrages waren unter anderem die Stärkung der Demokratie und Partizipation, Jugendbeteiligung und Teilhabe der Kinder und Jugendlichen, ehrenamtliches Engagement und Vereinsstärkung sowie Verlust von Vertrauen in gewählte Repräsentanten. Durch diesen Vortrag erhielten die Studierenden insbesondere die Möglichkeit, für die Vertiefungsrichtung Kommunalrecht sowie für den Kurs Kommunalverfassungsrecht, Kommunalwirtschaft & IKZ zur Recherche ihrer Hausarbeiten einige Fragen zu stellen.

Ein Impuls für die Einladung war Wagners Engagement im Rahmen der Oberbürgermeister-Wahl in Nordhausen im September 2023. Sein Engagement führte auch dazu, dass ein AfD-Oberbürgermeister verhindert wurde, der nach dem ersten Wahlgang als sicherer Sieger schien. Prof. Wagner betonte in diesem Zusammenhang auch das Engagement der Studierenden der Hochschule Nordhausen für die Wiederwahl des Amtsinhabers Buchmann.

Prof. Wagner stellte weiter die Arbeit der Gedenkstätten dar. Er diskutierte mit den Studentinnen und Studenten, wie er die Ausladung von AFD-Funktionären bei offiziellen Veranstaltungen begründet. Zum Neutralitätsgebot der Stiftung führte er in diesem Zusammenhang aus, dass ein politisches Neutralitätsgebot besteht; nicht jedoch gegenüber menschen- und demokratiefeindlichen Ansichten. Die Neutralität endet nach seiner Ansicht dort, wo gegen den gesetzlich definierten Stiftungszweck gehandelt wird. An diesen Punkten sieht sich Wagner daher in der Pflicht, gegen diese Verletzung zu handeln und die Gedenkstätte als Ort der Würdigung der Opfer und wissenschaftlich historische Bildungsstätte zu schützen.

Durchaus kontrovers wurde diskutiert, ob der Besuch von Gedenkstätten zu einem schulischen Pflichtprogramm ausgebaut werden sollte. Prof. Wagner sieht Pflichtveranstaltungen kritisch, da bei Schülern und Schülerinnen dadurch eine Abwehrhaltung entstehen könnte. Er setzt auf Freiwilligkeit als Schlüssel und eine Veränderung der Bildungsformen in der Gedenkstätte selbst. Hier möchte er in den folgenden Jahren zeitlich intensivere Angebote in kleineren Gruppen anbieten. Dabei sollen die Schüler selbstständig mit Quellen arbeiten und selbst forschen können.

Zudem setzt Wagner einen Fokus auf die Nutzung von Social Media, um die jüngere Generation anzusprechen. Er ist überzeugt, dass Wissensaneignung heute nicht mehr vorrangig in Bibliotheken und Hörsälen stattfindet, sondern auch auf Social Media. Man müsse dorthin, wo die Debatten stattfinden. Nur so könne man den „Fake-News“ etwas entgegensetzen.

Prof. Dr. Wagner stellte im Verhältnis mit dem Zuwachs der AfD auch eine Zunahme von Störungen in der Gedenkstätte fest. Immer häufiger sei es dazu gekommen, dass rechtsextreme Symbolik verwendet oder Vandalismus begangen worden ist. In Bezug auf den Hamas-Terror kann er jedoch keinen signifikanten Einfluss von islamistischem Antisemitismus in den Gedenkstätten wahrnehmen.

„Was ist also zu tun?“, fragten die Anwesenden. Prof. Wagner sieht eine Lösung in der Stärkung der Zivilgesellschaft. Auch die Hochschule habe hier eine Verantwortung. In den Lehrveranstaltungen können aktuelle Themen behandelt werden, um damit zur Diskussion anzuregen. Wagner betonte: „Als Hochschule muss eine Haltung entwickelt und diese öffentlich vertreten werden (z. B. gegen rechtsextreme Tendenzen).“ Die Hochschule habe kein politisches Neutralitätsgebot bei menschen- und demokratiefeindlichen Ansichten.