Saurabh Sarkar untersucht Einsatz von Kältemitteln für die Elektromobilität auf Wirksamkeit und Nachhaltigkeit
Erfolgreich ins neue Jahr: Mit seiner Masterarbeit über die strategische Bedeutung von Kältemitteln im Thermomanagement für die Elektromobilität hat Saurabh Sarkar von der Hochschule Harz (Fachbereich Automatisierung und Information), neben zwei jungen Forschern der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und der Hochschule Magdeburg-Stendal, den IHK-Forschungspreis 2024 gewonnen. Wie anwendungsorientiert seine Forschungsarbeit ist, inwiefern Thyssenkrupp als Partner die Ergebnisse bereits in der Praxis nutzt und was der ehemalige Student des Studiengangs Technisches Innovationsmanagement nach seinem Abschluss vor hat, erzählt der 27-Jährige im Interview.
Ihr Arbeit haben Sie in Kooperation mit der Firma Thyssenkrupp geschrieben. Wie kam die Zusammenarbeit zustande?
Während meiner Studienzeit an der Hochschule Harz arbeitete ich als Werkstudent im Bereich Strategie und Geschäftsentwicklung bei Thyssenkrupp Dynamic Components am Standort Ilsenburg. In dieser Funktion unterstützte ich die Organisation bei strategischen Entscheidungen im Zusammenhang mit Technologie und Innovation. Mit meinem Hintergrund als Maschinenbauingenieur und umfangreicher Erfahrung in der Automobilindustrie trug ich zur Entwicklung strategischer Lösungen bei, die darauf abzielen, das Wachstum im Markt für Elektromobilität voranzutreiben.
Worum genau geht es in Ihrer prämierten Masterarbeit?
Während meiner Zeit bei Thyssenkrupp Dynamic Components konnte ich einen bedeutenden Paradigmenwechsel in der Automobilindustrie beobachten: Der Trend geht zunehmend weg von konventionellen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren, was ein breiteres Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Innovation widerspiegelt. Als Teil des Strategie- und Geschäftsentwicklungsteams habe ich dazu beigetragen, Wachstums- und Rentabilitätsbereiche im Bereich der Elektromobilität zu identifizieren, wobei sich das Thermomanagement als vielversprechendes Feld abzeichnete.
Mein spezieller Fokus lag dabei auf den Kühlmitteln, die in mobilen Klimaanlagen verwendet werden, was sich jedoch schnell als komplexe Herausforderung erwies. Die Europäische Union hat strengere Vorschriften für Kühlmittel eingeführt und treibt die Industrie zu nachhaltigen und umweltfreundlichen Alternativen. Während traditionelle Kältemittel zwar hervorragende thermodynamische Leistungen bieten, sind viele aufgrund ihrer schädlichen Umweltauswirkungen nicht mehr tragfähig. Dies führte zu einem dringenden Bedarf, Kühlmittel zu identifizieren, die eine Balance zwischen Regelkonformität, Leistungsfähigkeit und Nachhaltigkeit schaffen.
Haben Sie eine Lösung für die Problemstellung finden können?
Am Ende der Forschung haben wir zwei wichtige Kältemittel identifiziert, R290 (Propan) und R744 (CO2), die als vielversprechende Optionen für Kompressoren in der mobilen Klimaanlagenindustrie gelten. Diese Ergebnisse sind sehr bedeutsam, da sie eine notwendige Rückkehr zu natürlichen Kältemitteln aufzeigen, die ursprünglich seit 1834 verwendet wurden, aber später aufgrund ihrer besseren thermischen Eigenschaften durch synthetische Alternativen ersetzt worden sind. Synthetische Kältemittel verursachen jedoch erhebliche Umweltprobleme, beispielsweise haben sie ein hohes Treibhaus- und Ozonabbaupotenzial. Letztendlich bietet die Forschung mit der von mir entwickelten Matrix dem Unternehmen einen strategischen Rahmen für die Entscheidung, welche Kältemittel mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen in Betracht gezogen werden sollten, wenn sie einen neuen Kompressor auf den Markt bringen wollen.
Was fanden Sie besonders spannend während des Schreibprozesses?
Der spannendste Aspekt dieses Projekts war, dass der Schreibprozess alles andere als konventionell verlief. Im Gegensatz zu traditionellen akademischen Projekten gab es nur begrenzt Literatur zu diesem Thema, da der Übergang in der Automobilindustrie relativ neu war und die regulatorische Landschaft sich erst entwickelt. Ich konnte mich demnach nicht auf bestehende Archive oder Studien, sondern lediglich auf Fachzeitschriften und internationale Standards als Recherchegrundlage stützen.
Deshalb verlagerte ich den Fokus auf die interne Forschung, die ich über einen Zeitraum von zwei Jahren umfassend bei Thyssenkrupp durchgeführt habe. Dabei habe ich interessante Einblicke in vertrauliche Daten erhalten und eng mit den Technologie- und Innovationsteams der Organisation zusammengearbeitet. Dieser Ansatz ermöglichte es mir, theoretisches Wissen mit praktischen Anwendungen zu kombinieren und ein umfassendes praxisorientiertes Werk zu schaffen.
Wird Thyssenkrupp Ihre Ergebnisse in Unternehmensentscheidungen einfließen lassen und es somit einen direkten Nutzen für die Praxis geben?
Ja, Thyssenkrupp hat die Ergebnisse meiner Forschung sogar bereits in Unternehmensentscheidungen integriert. Anfang 2024 haben sie erfolgreich eine Kompressoreinheit auf den Markt gebracht, die das Kältemittel R744 (CO2) in Deutschland verwendet. Darauf gab es bereits sehr positive Resonanz, so gehört beispielsweise der Volkswagen-Konzern zu den ersten Abnehmern. Darüber hinaus sind weitere Entwicklungsanstrengungen im Gange, um die Kompressoreinheit zu verbessern und die Anwendung auf andere Teile der Welt, darunter China als großer Player unter den Automobilherstellern, auszudehnen. Es ist äußerst befriedigend zu sehen, wie die Ergebnisse zu einer praktischen Lösung beigetragen haben und damit die Lücke zwischen Forschung und Unternehmensstrategie schließen konnten.
Und genau dafür gab es den IHK-Forschungspreis. Wie hat es sich für Sie angefühlt, die Auszeichnung zu gewinnen?
Den IHK-Forschungspreis zu gewinnen, war für mich eine unglaublich erhebende Erfahrung. Ich bin der Jury sehr dankbar, dass sie das Potenzial meiner Arbeit erkannt und mich für diesen prestigeträchtigen Preis ausgewählt hat. Ich möchte auch Prof. Dr.-Ing. Jörg Fochtmann herzlich danken, der mich als mein Erstbetreuer konsequent ermutigt hat, meine Arbeit für diesen Preis einzureichen, sowie Fabian Herfurth, CFO von Thyssenkrupp Dynamic Components, für die Gelegenheit, an diesem Projekt zu arbeiten. Ihr Glaube an die Qualität und Bedeutung unserer Forschung war entscheidend für diesen Erfolg.
Ich danke auch der Hochschule Harz dafür, dass sie mir ein akademisches Umfeld geboten hat, das Innovation und Exzellenz fördert. Als internationaler Student war die Preisverleihung ein besonders stolzer Moment für mich. Er war nicht nur ein persönlicher Meilenstein, sondern auch eine Bestätigung dafür, welchen Beitrag Einzelpersonen aus unterschiedlichen Hintergründen zu Forschung und Industrie leisten können. Darüber hinaus inspiriert mich diese Anerkennung, der jüngere Generation zu zeigen, dass solche Erfolge für jeden erreichbar sind, der hart arbeitet und an seine Vision glaubt.
Haben Sie schon eine Idee, was Sie mit dem Preisgeld in Höhe von 2.000 Euro machen werden?
Darüber habe ich noch gar nicht viel nachgedacht. Der Gewinn selbst muss erst einmal richtig sacken, und im Moment konzentriere ich mich mehr auf das Erlebnis an sich. Ich habe aber die Feiertage genutzt, um meinen Erfolg mit engen Freunden und Familienmitgliedern zu feiern - in festlicher Atmosphäre auf dem Weihnachtsmarkt in meiner neuen Heimat Frankfurt am Main.
Was sind Ihre beruflichen Pläne für die Zukunft nach Ihrem Abschluss an der Hochschule Harz?
Nach dem Abschluss habe ich bereits eine spannende berufliche Reise begonnen. Kürzlich habe ich bei der Commerzbank in Frankfurt angefangen, wo ich im Bereich der internationalen Unternehmensfinanzierung arbeite. In dieser Rolle helfe ich der Organisation, strategische Entscheidungen in Bereichen wie Künstliche Intelligenz, Daten und Technologie zu treffen. Die Möglichkeit, mein akademisches Wissen auf reale geschäftliche Kontexte anzuwenden, ist unglaublich bereichernd.
Parallel zu meiner Rolle bei der Commerzbank arbeite ich als CEO im von mir mitgegründeten Projekt Germanywale. Die Idee hinter diesem Vorhaben ist es, internationale Studierende, die ein Studium in Deutschland anstreben, durch die komplexen Herausforderungen des Auslandsstudiums zu führen und ihnen unterstützende Ressourcen zur Verfügung zu stellen, damit sie ihre akademischen und beruflichen Bestrebungen verfolgen können. Das liegt mir besonders am Herzen, denn der Umzug nach Deutschland war eine sehr prägende Erfahrung für mich, und ich möchte anderen dabei helfen, selbst diesen Weg gehen zu können.
02.01.2025
Autor/Autorin: Karoline Klimek
Fotograf/Fotografin: © IHK Magdeburg
Bildrechte: © IHK Magdeburg