Orte des Rechts: Kleine Hütte im Grünen. Davor zu sehen eine Informationstafel..

Rechtswissenschaft als Reiseerlebnis

Prof. Dr. André Niedostadek veröffentlicht ungewöhnlichen Reiseführer zu Rechtsorten in Deutschland

Recht ist mehr als Paragraphen und Gerichtsentscheidungen – es manifestiert sich an konkreten Orten und ist Teil unserer Geschichte und Kultur. Prof. Dr. André Niedostadek vom Fachbereich Verwaltungswissenschaften zeigt mit seinem neuen Buch „(R)echt sehenswert. 77 einzigartige Orte des Rechts in Deutschland entdecken" eine ungewöhnliche Perspektive auf sein Fachgebiet. Der Band verbindet juristische Themen mit Reiseerlebnissen und macht damit Wissenschaftskommunikation auf unterhaltsame Weise zugänglich. Die 77 ausgewählten Orte spannen einen Bogen von den historischen Anfängen bis zu aktuellen Rechtsfragen und zeigen, wie anschaulich juristische Inhalte werden können, wenn man sie an konkreten Orten erlebt. Im Interview gibt Prof. Niedostadek Einblicke in sein Projekt.

Lieber Herr Niedostadek, Sie haben in den letzten Jahren immer wieder den Blick über den Tellerrand der akademischen Lehre und Forschung gewagt. Entstanden sind mehrere Reiseführer zu Glücksorten in Deutschland. Und nun ein ganz neues Buch "(R)echt sehenswert. 77 einzigartige Orte des Rechts in Deutschland entdecken". Wie wichtig sind diese Ausflüge in Gefilde abseits universitärer Didaktik?

Für mich sind diese Ausflüge sehr wichtig. Reisen erweitert ja bekanntlich den Horizont, und ich finde, das steht auch der Wissenschaft gut zu Gesicht. Lehre und Forschung sollte nicht im Elfenbeinturm bleiben, besonders nicht beim Thema Recht. Das betrifft uns ja alle im Alltag. Dieses Projekt bot die Gelegenheit, mich einmal auf ungewöhnliche Weise mit dem eigenen Fachgebiet auseinanderzusetzen. Die Idee war die Verbindung von Reise und Recht als eine Form unterhaltsamer Wissenschaftskommunikation zu nutzen und damit ein breites Publikum anzusprechen. Selbst ein Reisebuch kann ja Erkenntnisse vermitteln, nur halt auf einem anderen Weg. Jedenfalls wird Recht viel anschaulicher, wenn man die Orte kennt, an denen es gestaltet und gelebt wurde oder noch heute gelebt wird.

Worum geht es in Ihrem aktuellen Buch?

Das Buch soll vor allem Lust machen, das Recht einmal auf eine lockere Art zu entdecken. Insgesamt geht es zu 77 besonderen Orten. 77 Orte deshalb, weil die Zahl Sieben eine besondere Bedeutung im Recht hat. Die Orte selbst spannen einen breiten Bogen von den Anfängen des Rechts bis heute. Mal geht es um bekannte Orte, mal um versteckte Plätze, die manchmal von fast vergessenen Geschichten über Recht und Gerechtigkeit erzählen. Einige Orte waren für mich wirklich überraschend, etwa wenn es darum geht, was die Redewendung „über die Wupper gehen“ mit Recht zu tun hat, welches Dorf sich komplett einem alten Rechtsbuch verschrieben hat oder wo Karl May viereinhalb Jahre im Gefängnis saß. Das Buch möchte zugleich auch für aktuelle Themen sensibilisieren, etwa für unser Demokratieverständnis oder dafür, was passiert, wenn Recht zu Unrecht wird. Es ist eine Art Entdeckungstour quer durch Deutschland und ein ungewöhnlicher Reisebegleiter für alle, die neugierig sind. Dabei richtet es sich keineswegs nur an Juristinnen und Juristen. Gedacht ist es für alle die sich für Recht, Geschichte, Kultur oder einfach das Besondere interessieren und die Deutschland einmal aus einer anderen Perspektive kennenlernen möchten.

Künstliche Intelligenz, fortschreitende Digitalisierung und die demografische Entwicklung führen zu einschneidenden Veränderungen in der Hochschullehre. Ist die Integration von ungewöhnlichen Konzepten und Beziehungen (wie von Recht und Tourismus) auch eine mögliche Erfolgsstrategie im Hörsaal?

Ja, momentan dreht sich in der Lehre tatsächlich viel um Digitalisierung und Künstliche Intelligenz. Und das ist auch wichtig. Was meiner Meinung nach aber nicht zu kurz kommen darf, das ist Studierende neugierig zu machen und dazu zu bringen, über den Tellerrand zu schauen. Ungewöhnliche Verbindungen wie zwischen Recht und Reisen können dabei vielleicht helfen. Es ist wie eine kleine Exkursion im Kopf, die zeigt, dass man Fachliches durchaus anders erleben kann. Das wiederum öffnet das Tor für eine kreative Auseinandersetzung. Ich nutze bei Vorlesungen und Vorträgen in der Praxis, etwa in Unternehmen, oft die Metapher des Reisens. Am Ende ist es bei allem Digitalisierungshype vielleicht einfach nur schön zu sehen, dass sich Erkenntnisse glücklicherweise nicht allein über digitale Tools ergeben. Nach wie vor gibt es doch vieles im echten Leben zu entdecken.

Was können Studierende der Öffentlichen Verwaltung und Verwaltungsökonomie von diesen Orten lernen?

Es gibt tatsächlich einige Orte, die einen direkten Bezug haben zu Rechtsgebieten, die auch in Studiengängen wie "Öffentlichen Verwaltung" und "Verwaltungsökonomie" gelehrt werden, etwa wenn es um das Verfassungsrecht geht. Studierende können hier sehen, dass Recht nicht nur abstrakt in Büchern steht, sondern an Orten anschaulich wird. Damit wird Theorie greifbar. Wenn das hier und da dazu beiträgt, das Interesse und die Motivation zu fördern, weil man merkt, wie spannend es ist, sich mit dem Fach auseinanderzusetzen, dann wäre tatsächlich viel gewonnen.

17.11.2025
Autor/Autorin: Tim Bruns
Fotograf/Fotografin: © André Niedostadek
Bildrechte: © André Niedostadek

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Prof. Dr. André Niedostadek

Professur für Wirtschafts-, Arbeits- und Sozialrecht

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