Studierende und Alumni entwickeln lehrreiches Koch-Videospiel

Junges Gründungsteam will nach Präsentation auf der Messe gamescom richtig durchstarten

Im Duell-Modus gegen den besten Kumpel zocken und nebenbei noch etwas über Nährwerte von Lebensmitteln lernen? Mit ihrem Spiel „Ominous Stew“ (zu Deutsch: „Ominöser Eintopf“) verbinden drei Studierende und drei Alumni der Hochschule Harz rasanten Gamingspaß mit nachhaltiger Wissensvermittlung. Auf Videospielmessen haben sie mit ihrem Prototyp bereits überzeugt, als nächste Ziele stehen die Entwicklung einer Demo- und einer Vollversion an. Das Vorhaben wird durch ein EXIST-Gründungsstipendium finanziell gefördert.

Konzept während des Studiums entwickelt

Kennengelernt hat sich das Team im Masterstudium Medien- und Spielekonzeption an der Hochschule Harz. Währenddessen ist nicht nur eine enge Freundschaft gewachsen, sondern auch eine gemeinsame Vision. „Wir haben relativ schnell gemerkt, dass wir alles mitbringen, was es für eine Spielekonzeption braucht“, erzählt Teamchef Julian Becker. „Wir finden vor allem die Entwicklung von sogenannten Stealth Learning Games spannend, bei dem der Fokus vordergründig auf dem Spielspaß steht, dabei aber ganz nebenbei auch Lerninhalte vermittelt werden.“ Das im Studium vorgesehene Praxisprojekt haben sie deshalb als Startschuss genutzt und begonnen, an ihrer ersten Spieleidee zu arbeiten.

Bei „Ominous Stew“, in dem via PC-Tastatur oder Controller navigiert werden kann, ist jeder Spieler ein Restaurantbesitzer und erzielt dadurch Punkte, dass er Gerichte kocht, die auf die Ernährungsbedürfnisse der Gäste abgestimmt sind. Für Nervenkitzel während der kurzen Spiel-Runden sorgt der Battle-Modus, in dem zwei Spieler gegeneinander antreten und sich ein Punkte-Tauziehen liefern. Wird der Gegner zu übermächtig, kann dieser durch gezielte Attacken wie Stromausfälle oder Überflutungen geschwächt werden. Gekocht wird aus vorgegebenen Zutaten die für den Gast möglichst beste Kombination aus Nährstoffen wie Kohlenhydraten, Eiweißen und Fetten. „Nach dem Zocken ist man zwar nicht gleich ein Experte für gesunde Ernährung, aber unterbewusst verinnerlicht man, dass Avocados sehr fettreich sind oder Käse ein guter Proteinlieferant ist, dafür aber ebenfalls einen hohen Fettanteil hat“, beschreibt Julian Becker den Lerneffekt. Das Bewusstsein für die Zusammensetzung von Lebensmitteln werde damit gestärkt.

Idee kommt bei Gamern und Geldgebern an

Seit dem Praxissemester sind drei Jahre vergangen, in denen Inhalt, Konzept, Design und ein Prototyp entstanden sind. Unter dem Namen bloomgeist haben sie mittlerweile den Grundstein für eine Firmengründung gelegt und machen zudem kräftig Werbung für ihre Spielkonzept, zuletzt auf der Langen Nacht der Computerspiele in Leipzig und der Computer- und Videospielmesse gamescom in Köln. „Unser Spiel kam sehr gut an, teilweise hatten wir sogar eine längere Schlange bei uns am Stand, weil so viele Leute das Spiel ausprobieren wollten“, freut sich Julian Becker über den Erfolg. Die fünftägige Messe habe das Team aber auch genutzt, um wichtige Kontakte zu knüpfen. „Wir haben unser Videogame in 16 Meetings interessierten Unternehmern und Publishern vorgestellt, von denen wir hoffentlich einen als Verleger gewinnen können“, erzählt Programmierer Pascal Janssen. „Ein Publisher ist für Videospielentwickler enorm wichtig, weil er die Finanzierung, das Marketing und den Vertrieb übernimmt.“

Finanzielle Unterstützung bekommt das Team bisher allein durch die EXIST-Förderung. „Wir sind sehr dankbar, dass wir bei dem zeitlich aufwendigen und fachlich herausfordernden Prozess der Antragstellung von der Hochschule Harz, speziell vom Application Lab, unterstützt worden sind“, sagt Julian Becker. „Dank der Förderung können wir zumindest für die Laufzeit von einem Jahr den Lebensunterhalt von drei Teammitgliedern absichern und auch bei Veranstaltungen wie der gamescom präsent sein, weil wir dafür selbst kein Budget gehabt hätten.“ Die Finanzspritze kann das Team demnach gut gebrauchen. Bislang hielten sich drei der Entwickler mit Teilzeitjobs über Wasser, die anderen stehen kurz vor ihrem Master-Abschluss.

Das Gründungsstipendium habe zudem weitere Vorteile. „Wir können uns voll auf die Projektumsetzung und die Businessplanerstellung fokussieren, ohne das Risiko, Schulden zu machen. Das Geld müssen wir nicht zurückzahlen, selbst wenn das Spiel sich am Markt nicht durchsetzen würde“, erklärt der 27-Jährige. „Eine weitere Gegenleistung – wie zum Beispiel den Verkauf von Unternehmensanteilen, wie es bei Investoren sonst gängig ist – gibt es auch nicht.“

Nächste Ziele und langfristige Zukunftspläne

Bis Ende Oktober will das sechsköpfige Team, zu dem auch Alexander Bobb (Konzeption, Spielmechanik, Leveldesign), Lisa Hofmeister (3D-Visualisierung), Jonas Wehling (Hintergrundstorys, Level-Art) und Dorian David (Lerninhalte, Lichtszenerie) gehören, den Prototyp zu einer kostenfreien Demoversion weiterentwickeln. Anfang März 2025 soll die Vollversion folgen, die dann auf Steam als eine der führenden Gaming-Plattformen gekauft werden kann. „Man kann unser Spiel bereits jetzt dort auf die Wunschliste setzen, um die Veröffentlichung nicht zu verpassen“, sagt Pascal Janssen. Viele Interessenten seien zudem ein wichtiger Erfolgsindikator.

Wenn das Spiel gut angenommen wird, soll es für weitere Konsolen wie beispielsweise die Nintendo Switch optimiert werden. Auch Zusatzinhalte seien denkbar. Langfristig sollen zudem neue Teammitglieder eingestellt werden. An ein Scheitern denken die jungen Gründer nicht. „Sollte das Spiel nicht angenommen werden, dann machen wir trotzdem weiter“, sagt Julian Becker mit Nachdruck. Ideen für weitere Lernspiele geistern zumindest schon durch die kreativen bloomgeist-Köpfe.

UNTERSTÜTZUNG FÜR GRÜNDUNGSINTERESSIERTE

An der Hochschule Harz werden Gründungsvorhaben von Studierenden, Alumni und Mitarbeitenden auf verschiedene Weise unterstützt. Für Förderungen aus dem Programmen EXIST und .ego berät und begleitet Sophie Moneke vom Application Lab. Ansprechpartner stehen zudem über das Projekt gründerwald 4.0 bereit, das von Prof. Dr. Philipp David Schaller, Prof. Dr. Andrea Heilmann und Prof. Dr. Tobias-Benedikt Blask geleitet wird. Zudem wird im Rahmen des Projekts GLEIHHA unter Leitung von Prof. Dr. Hardy Pundt bis Ende 2024 ein Gründungsleitfaden für die Hochschule Harz entwickelt.

09.09.2024
Autor/Autorin: Karoline Klimek
Fotograf/Fotografin: © Karoline Klimek
Bildrechte: © Hochschule Harz

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