Grafik zeigt Roboterarme und Text-Bild-Banner mit dem Kürzel IEC 61131-3

„Was wir in der IEC tun, ist schon immer Industrie 4.0 gewesen“

Prof. René Simon engagiert sich in internationaler Organisation für Standards in der Steuerungstechnik

Unterschiedliche Hersteller, verschiedene Länder – damit Maschinen weltweit zum Einsatz kommen können, brauchen sie vor allem eines: eine gemeinsame Sprache. Wichtige Standards legt etwa die International Electrotechnical Commission (IEC) fest, deren Gründung bereits auf den Anfang des 20. Jahrhunderts zurückgeht. Heute gehören der gemeinnützigen Organisation mehr als 80 Länder von allen Kontinenten an, die ihre elektrotechnischen Interessen in verschiedenen Arbeitsgruppen und Kommissionen vertreten. Prof. Dr. René Simon von der Hochschule Harz ist seit 2020 Vorsitzender der Arbeitsgruppe „Programmierbare Steuerungssysteme“. Er knüpft damit in einer neuen Position an sein Engagement in der IEC seit den 90er Jahren an.

Herr Prof. Simon, wie hat sich Ihre Arbeit in der IEC mit dem Vorsitz der „Working Group 7“ verändert?

Es sind vor allem organisatorische Aufgaben hinzugekommen, die Arbeitsgruppe umfasst aktuell ca. 60 Menschen aus verschiedenen Ländern. Ich versuche aber, Verwaltungs- und inhaltliche Arbeit so gut es geht zu verbinden. Dazu kommt eine zumindest übersichtsmäßige Einarbeitung in weitere technische Themen. Ich sehe mich vor allem als Ingenieur in der IEC.

Welche aktuellen Herausforderungen begegnen Ihnen? Spielt das Thema Industrie 4.0 eine Rolle?

Im Grunde ist das, was wir in der IEC tun, schon immer Industrie 4.0 gewesen. Naja, zumindest schon recht lange :-) Es geht in erster Linie um einheitliche Programmiersprachen und den automatisierten Informationsaustausch zwischen Engineeringwerkzeugen verschiedenen Hersteller. In der Anpassung der IEC 61131-3 reagieren wir auf Neuerungen in den verschiedenen Staaten, damit die Firmen Rechtssicherheit haben.

Was ist die IEC 61131-3?

Das ist die weltweit gültige Norm für Programmiersprachen von industriellen Steuerungen, wie sie in verschiedensten Maschinen der Automobilproduktion, Chemie- und Pharmabereich, im Maschinenbau, aber zum Beispiel auch in Kreuzfahrtschiffen zu finden sind. In den 90er Jahren gab es Versuche, hier auch andere Programmiersprachen wie C oder Java zu etablieren. Aber keine konnte die Anforderungen in der industriellen Automation wie Echtzeitfähigkeit – also das Reagieren im Mikrosekundenbereich, Zuverlässigkeit und Einfachheit so erfüllen wie die IEC 61131-3.

Können Sie das näher erläutern?

Will ein Unternehmen eine Maschine in die USA liefern, so muss diese dem dort gültigen Recht entsprechen und nach nationalen Regeln in Betrieb genommen werden. Das Gleiche gilt für europäische oder asiatische Länder. Natürlich sollte ein Maschinentyp in möglichst vielen Ländern einsetzbar sein und deshalb fließen vor allem die nationalen technischen Vorgaben in Standards ein, auf die wir uns in der IEC einigen.

Robotik und Steuerungstechnik spielen an der Hochschule Harz in verschiedenen Studiengängen eine Rolle

Geht es dabei um das Thema Sicherheit?

Es geht auch um die elektrische und funktionale Sicherheit. Überall dort, wo Bewegungen entstehen, kann es auch zu Kollisionen kommen. In dem entscheidenden Standard ist deshalb festgelegt, wie ein sogenannter „Notaus“ funktionieren muss bzw. in der Steuerung zu programmieren ist. Eine der neuen Herausforderungen ist nun, dass gerade Service-Roboter sich zunehmend frei bewegen ohne zusätzlichen Zaun. Auch hier muss es Standards geben, um Sicherheitsnormen festzulegen.

Inwieweit spielen solche Aspekte auch im Studium an der Hochschule Harz eine Rolle?

Die in der IEC erarbeiteten Standards erhalten über die europäische CENELEC – das ist das Europäische Komitee für elektrotechnische Normung – auch Gesetzeskraft. Insofern fließen die Standards bzw. Normen auch in die Lehre der Bachelor- und Masterstudiengänge ein.

Sie arbeiten in der IEC sowohl mit Wissenschaftlern als auch Unternehmensvertretern zusammen. Sind die verschiedenen Interessen immer vereinbar?

Wir sehen uns in erster Linie als Ingenieure, die an praktikablen Lösungen arbeiten. Aber es geht natürlich auch um Marktzugänge und damit verbundene Umsätze. Die Konflikte entstehen also eher zwischen den Unternehmen bzw. Staaten. Für mich ist es Motivation auf Menschen aus verschiedenen Bereichen und Ländern zu treffen und aktuelle Diskussionen um die technischen Weiterentwicklungen der Standards im steuerungstechnischen Bereich direkt mitzuerleben.

Prof. Dr. René Simon lehrt und forscht am Fachbereich Automatisierung und Informatik der Hochschule Harz. Das Thema Steuerungstechnik spielt in verschiedenen Bachelor- und Masterstudiengängen des Fachbereichs eine Rolle.

06.05.2021
Autor/Autorin: Claudia Aldinger
Fotograf/Fotografin: © Grafik: Anna Gerold
Bildrechte: © Hochschule Harz

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Prof. Dr. René Simon

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